Presseerklärung vom 23.03.2005

Die Diskussion um den Werteunterricht und die Kritik am Islamischen Religionsunterricht – ein Debattenbeitrag.

Die Diskussion um einen Werteunterricht nimmt in Berlin Züge an, wo nicht mehr empirische Argumente, sondern Vorurteile und Ängste dominieren. Der gesellschaftliche Konsens wackelt und immer mehr Konflikte zwischen den Bürgern treten in den Vordergrund. Insbesondere Konflikte mit Migranten, die seit längerem hier leben, bzw. hier geboren sind, lassen die Frage aufwerfen, ob die religiösen und kulturellen Eigenheiten eine Integration und ein besseres Zusammenleben verhindern.

Ein Problemfeld bilden die Schulen, wo Konflikte zwischen Kindern nicht deutscher Herkunftssprache und deutscher Herkunftssprache zur Tagesordnung gehören. Auch das Verhalten gegenüber Lehrkräften deuten daraufhin, dass eine Wertekollision stattfindet. Kaum hat man das Problem erkannt, versucht man Sündenböcke und Lösungsansätze zu finden. In Berlin ist besonders einfach, weil dort die Islamische Föderation in Berlin seit 2001 den Islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen erteilt. Es wird argumentiert, dass seit der Einführung des Islamischen Religionsunterrichts die Konflikte in den Schulen zugenommen haben, und dass eine Diskriminierung von nicht-muslimischen bzw. nicht-praktizierenden Kindern stattfindet. Die Inhalte des Islamischen Religionsunterrichts sollen nach Angaben von Lehrkräften dazu führen, dass eine Separierung der Kinder herbeigeführt wird. Obwohl die unangekündigten Hospitationen durch die Senatsverwaltung für Bildung keinerlei Erkenntnisse diesbezüglich hervorbracht haben, geht man davon aus, dass das so ist. Das zu beweisen wäre auch besonders schwer, weil die Lehrkräfte der Islamischen Föderation genau wissen, dass sie kontrolliert würden, so die Argumentation der Kritiker.

Die Islamische Föderation in Berlin bietet zurzeit an 37 Berliner Grundschulen den Islamischen Religionsunterricht an. Es nehmen ca. 4000 Schülerinnen und Schüler teil. Sie hat oft darauf hingewiesen, dass das Ziel des Islamischen Religionsunterrichts unter anderem auch die Integration der Kinder in die hiesige Gesellschaft ist. Die Lehrkräfte für den Islamischen Religionsunterricht arbeiten daraufhin Vorurteile abzubauen, einen besseren Umgang mit den Mitschülern und Umgebung zu suchen und der Gewalt abzusagen. Aktuelle Konflikte in den Schulen werden im Islamischen Religionsunterricht behandelt und es wird versucht den Kindern zu vermitteln, dass man in einer Gesellschaft lebt, wo man mit einem Gespräch weiterkommt, als mit den Fäusten. Die Integrationsarbeit des Islamischen Religionsunterrichts wird des Öfteren sehr unterschätzt. Die Kinder, die am Islamischen Religionsunterricht teilnehmen, entwickeln durchaus ein Gefühl, dass die Religion Islam in der Schule sowie in der bundesdeutschen Gesellschaft zu Hause ist.

Globale Konflikte werden in die Schulen getragen, und nicht nur immer von den Schülern, sondern auch von Lehrkräften, die sich als letzte Bastion gegen den islamischen Fundamentalismus sehen, die die Schüler, wenn es sein muss auch mit Sanktionen erziehen müssen. Tagtäglich erreichen uns Berichte über das Fehlverhalten von einigen Lehrkräften, die eigenwillig einen „Feldzug“ gegen die „Islamisierung der Schule und Gesellschaft“ führen und alles Islamische verbieten, angefangen vom Kopftuch bis hin zur Badehose, die die Kinder während des Duschens benutzen. Wer sich so verhält, darf sich nicht wundern, wenn Eltern und Schüler sich wehren und dabei auch die offene Diskussion und den Gang zum Rechtsanwalt nicht scheuen.

Die Konflikte können nur mit einer Kooperation zwischen Schule und Elternhaus gelöst werden. Leider bekommt man bei Gesprächen den Eindruck, dass einige Lehrkräfte und Eltern mit soviel Vorurteilen in die Gespräche hineingehen, dass nichts Produktives rauskommen kann.

Wenn auch der Senator Böger der Meinung ist, dass der Unterricht der Islamischen Föderation nicht ein Beitrag zur Integration sei, so stellt sich bei uns die Frage, ob der Senator die Kenntnis hat, dass die Probleme sich nicht nur auf die Schulen beschränken, in denen die Islamische Föderation den Islamischen Religionsunterricht anbietet.

Die Islamische Föderation und der Islamische Religionsunterricht sollen zu Sündenböcken gemacht werden und die Verantwortung für das Scheitern der Bildungspolitik tragen. Diesen Schuh lassen wir uns nicht anziehen. Die Probleme, über die diskutiert wird, sind breit gefächert und haben nicht das Geringste mit dem Islamischen Religionsunterricht zu tun.

Burhan Kesici Dipl.-Pol.

Verwaltungsratsvorsitzender der Islamischen Föderation in Berlin und zuständig für den Islamischen Religionsunterricht